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Ein Loblied auf die Dialyse
1. Strophe
(trauriger, langsamer Gesang)
Die Gewissheit
Nun weiß ich, dass ich ebenfalls, wie viele andere Mitglieder aus meiner Familie, diese chronische, familiäre Nierenerkrankung geerbt habe. Viele Fragen drängen sich auf und machen mich traurig: „Warum gerade ich, meine Kinder sind noch so klein, das kann doch nicht wahr sein, und dann diese furchtbare Dialyse, dreimal in der Woche, wie soll ich dann noch mein Leben und meinen Beruf stemmen, muss ich jetzt alles aufgegeben oder mein Leben umkrempeln … ??“
2. Strophe
(entschlossen, forscher Gesang)
Die Vorbereitung
Im Krankenhaus habe ich eine kompetente Beratung und einen Termin für eine ambulante Shunt-Operation erhalten. Leider hatten sich meine Nierenwerte schneller verschlechtert als erwartet und so beschloss ich, nicht mehr zu warten und entschlossen zu handeln. Erst die Operation zur Anlage eines Shunts und nach einigen Wochen dann die erste Dialyse.
3. Strophe
(erleichtert, beruhigt)
Nach zwei Wochen Dialyse
Ein erfahrener Dialyse-Pfleger hat mich bei den ersten Dialysen an die künstliche Niere angeschlossen, alle meine Fragen beantwortet und mich nach kurzen und schonenden Dialysen wieder nach Hause entlassen. Trotz der kurzen Behandlungen konnte ich deutlich spüren, dass es mir viel besser ging.
4. Strophe
(monoton, leicht beschwingt)
„Es läuft“
Die langen Dialysezeiten versuche ich für mich zu nutzen. Wunderbar, denn ein junger Mann bringt mir das Frühstück und Kaffee an mein Bett, das Pflegepersonal ist sehr nett und hilfsbereit, mein Arzt besucht mich jetzt häufig am Bett und fragt nach meinem Befinden. Was noch? Ich habe viel Zeit zu lesen, kann mich mit einem kurzen Mittagsschlaf erholen und mir geht es körperlich durch die Dialyse sehr viel besser. In dieser Zeit habe ich begonnen, Tanzunterricht zu nehmen und gehe mit meinem Mann regelmäßig aus, um das Erlernte zu erproben. Wir stellen erleichtert fest „Tanzen geht!“ Das ist wunderbar, denn ich beginne dadurch ein neues Lebensgefühl zu entdecken.
5. Strophe
(manchmal ermüdet, aber dankbar)
Dialyse wird zur Routine
Auch Urlaub und Wegfahren mit der Familie geht. Wir entdecken die Urlaubsdialyse und wagen gemeinsame Urlaubsfahrten. Während meiner Dialysezeiten erkundet meine Familie die Umgebung, holt mich später wieder ab und stellt mir die Highlights der Erkundungen des Urlaubsortes vor. Gleichzeitig bin ich dankbar, dass mein Organversagen nur die Niere betrifft (zum Glück nicht die Lunge oder das Herz) und dass es hierfür eine gute Ersatztherapie gibt. Bei den Dialysen in den Urlaubsorten erhalte ich viele Anregungen über den Umgang mit Dialyse. Was mir gefällt und mir sinnvoll erscheint, versuche ich mit nach Hause zu nehmen und in meiner Dialyse-Station als Anregung weiterzugeben.
6. Strophe
(furioses Finale)
Endlich transplantiert!
Nach fast zehn langen Jahren Dialysezeit erhalte ich eine Spenderniere. Nach zwei Wochen ängstlichem Warten nach der Transplantation beginnt dieses Geschenk zu arbeiten - juhu, ich benötige keine Dialyse mehr!
Was zu Beginn fehlte? Die Ruhepausen vom hektischen Alltag und Berufsleben, die sonst durch die Dialysezeit fest eingeplant waren. ….. und die vielen netten Gespräche mit dem Personal in meiner Dialysestation.
Alles begann mit einer Routinekontrolle beim Hausarzt, ich war 25 Jahre alt. Er stellte eine leichte Kreatininerhöhung (1,3 mg/dl) fest. Daraufhin wurde ich zum Urologen überwiesen. Es folgten weiter Untersuchungen von Blut und Urin sowie ein Kontrastmittel-CT der Nieren. Mein Vater war im Alter von 50 Jahren an die Dialyse gekommen, seine Diagnose lautete Glomerulonephritis. Er war noch zu DDR-Zeiten erkrankt, als die Widerspruchsregelung galt. Er wartete 2 Jahre bis zur erfolgreichen Transplantation. Ich wurde dann in der nephrologischen Praxis von Prof. Rambausek in Heilbronn weiterbehandelt. Mein Kreatininwert stieg kontinuierlich an und ich hatte häufig Blasenentzündungen.
Eine Biopsie ergab die Diagnose medulläre zystische Nierenerkrankung oder Nephronophtise, der Pathologe war sich nicht ganz sicher. Mir wurde gesagt, dass es keine Therapie gibt. Im Alter von 32 Jahren kam ich mit einem Kreatininwert von 8 mg/dl an die Dialyse. Ich habe damals als Krankenschwester im Dreischichtsystem gearbeitet. Ein Jahr zuvor hatte ich meine Arbeitszeit auf 75% reduziert. Ich hätte gern ein Kind gehabt, aber eine Schwangerschaft war aufgrund der Erkrankung nicht möglich.
Die 7 Jahre Wartezeit an der Hämodialyse waren körperlich und seelisch sehr belastend. 2007 kam der erlösende Anruf und ich wurde in der Uniklinik Heidelberg transplantiert. Die Niere hielt 11 Jahre lang. Im Jahr 2019 spendete mir mein Ehemann eine Niere. Ich habe Folgeschäden von der langen Dialysezeit und musste daher im Jahr 2015 in Rente gehen. Trotzdem bin ich sehr froh, ein unabhängiges Leben zu führen. Erst 2021 habe ich erfahren, dass meine Erkrankung und die meines Vaters genetisch bedingt ist und ADTKD heißt. Ich hoffe, dass es bald gelingt, eine Therapie zu finden, damit anderen Betroffenen Leid erspart werden kann.