SGLT2-HEMMER BEI ADTKD 
Erste Daten einer Beobachtungsstudie ambivalent 


29.3.2022 - SGLT-2-Hemmer (Sodium dependent glucose transporter) sind Wirkstoffe, die ursprünglich zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt wurden. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass sie das Fortschreiten einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD) verlangsamen können, und zwar auch bei PatientInnen, die keinen Diabetes haben. In Europa ist seit 2021 Dapagliflozin für die Behandlung von PatientInnen mit CKD zugelassen. 


Da die Autosomal dominante tubulointerstitielle Nierenerkrankung (ADTKD) sehr selten ist und oftmals nicht korrekt diagnostiziert wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass PatientInnen mit dieser Erkrankung an den Studien teilgenommen haben. Zudem war der Anteil an PatientInnen mit unklarer Diagnose sehr gering. Um jedoch auch bei ADTKD-PatientInnen Daten zu sammeln, wird in den USA eine kleine prospektive Kohortenbeobachtungsstudie durchgeführt. Erste Ergebnisse wurden auf der Kidney Week der Amerikanischen Gesellschaft für Nephrologie (ASN) vorgestellt.


Um die Wirkung von SGLT2-Hemmern zu beurteilen, wurden vor sowie während der Therapie Daten zur geschätzten glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) sowie zu KIM-1 erhoben. KIM-1 (Kidney Injury Molecule-1) ist ein Biomarker, der eine Schädigung der Tubuli anzeigt. Diese Nierenkanälchen sind bei ADTKD-PatientInnen der Ort, wo sich die Erkrankung abspielt. Die Werte wurden vor Beginn der Behandlung, nach einer Woche, einem Monat und 4 Monate nach dem Start der SGLT2-Hemmer-Gabe untersucht. 


eGFR ging erwartungsgemäß zurück

Insgesamt lagen Daten von 12 ADTKD-PatientInnen vor. Von ihnen bekamen 10 Empagliflozin (in Europa noch nicht zugelassen) und zwei Dapagliflozin. Bei PatientInnen mit einer Ausgangs-eGFR >30 ml/min stieg die mittlere eGFR nach 1 Monat um 3 ml/min. Nach vier Monaten lag die eGFR um 3 ml/min unter dem Ausgangswert (-8,5%). Bei einer eGFR >30 vor Therapiebeginn betrug der Rückgang der eGFR nach einem Monat 12% und nach 4 Monaten 8% gegenüber dem Ausgangswert. Der Rückgang der eGFR ist erwünscht, da die Niere auf lange Sicht dadurch praktisch „geschont“ wird. 


Anstieg des Schädigungsmarkers KIM-1

Der KIM-1-Wert im Blut war unverändert, stieg jedoch im Urin um 100% an. Dies steht im Widerspruch zu den großen Studien, in denen SGLT2-Hemmer geprüft wurden: Dort ging der KIM-1-Wert bei den PatientInnen zurück. In der Beobachtungsstudie setzte ein Patient Empagliflozin auf eigenen Wunsch nach 8 Wochen ab, da seine eGFR gegenüber dem Ausgangswert um 14% zurückgegangen war. Bei zwei PatientInnen, die seit 6 Monaten behandelt wurden, war die eGFR stabil. Die Medikamente wurden gut vertragen.


Was bedeuten die Ergebnisse?

Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie mit sehr wenigen PatientInnen. Ein Rückgang der eGFR unter einer Behandlung mit SGLT2-Hemmern war zu erwarten und steht im Einklang mit den Zulassungsstudien. Der Anstieg von KIM-1 im Urin ist ein unerwünschtes Ereignis. Was dieser Effekt genau bedeutet, ist derzeit unklar. Ein Update mit einer Nachbeobachtungszeit von vier Monaten ist geplant.


Quelle

Bleyer A et al. A Cohort Study of Patients with Autosomal Dominant Tubulointerstitial Kidney Disease (ADTKD) Started on SGLT-2 Inhibitors. ASN Kidney Week 2022; Abstract: PO1307


Literatur

Heerspink HJL, et al. Dapagliflozin in Patients with Chronic Kidney Disease . N Engl J Med. 2020 Oct 8;383(15):1436-1446
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32970396


Pressemeldung Lilly vom 16.3.2022;

https://investor.lilly.com/news-releases/news-release-details/jardiancer-phase-iii-empa-kidney-trial-will-stop-early-due-clear 

(Abruf am 29.3.2022)


Dekkers CCJ, et al. Effects of the SGLT-2 inhibitor dapagliflozin on glomerular and tubular injury markers. Diabetes Obes Metab. 2018 Aug;20(8):1988-1993
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29573529


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