HIF-STABILISATOREN BEI ADTKD-MUC1

Anämie-Medikament beschleunigt Krankheitsprogress

 

12.7.2023 - Eine Anämie (Blutarmut) sollte bei nicht dialysepflichtigen PatientInnen mit der Erkrankung ADTKD-MUC1 eher nicht mit HIF-Stabilisatoren behandelt werden. Dies legen Ergebnisse einer präklinischen Studie nahe, die von Forschern der Universität Erlangen publiziert wurden. Der Grund: Die Medikamente führen offenbar zu einer verstärkten Ausprägung des mutierten MUC1-Proteins. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass die Erkrankung schneller voranschreitet


HIF-Stabilisatoren sind moderne Medikamente zur Behandlung einer Anämie, die infolge einer chronischen Nierenerkrankung (chronic kidney disease; CKD) auftritt. HIF bedeutet Hypoxie-induzierbarer Faktor. Dieser reagiert, wenn es in den Zellen zu einem Sauerstoffmangel (Hypoxie) kommt. Dies ist bei einer Anämie der Fall, da bedingt durch die Nierenerkrankung die Menge der sauerstofftransportierenden roten Blutkörperchen (Erythrozyten) abnimmt. HIF aktiviert bei reduziertem Sauerstoffgehalt die Produktion von Erythropoietin (EPO) und damit die Bildung von Erythrozyten.


HIF-Stabilisatoren werden in Form von Tabletten gegeben. In Deutschland ist der HIF-Stabilisator Roxadustat (EvrenzoTM) für die Behandlung einer renalen Anämie vor und während der Dialysepflicht zugelassen.


HIF VERSTÄRKT DIE AUSPRÄGUNG VON MUC1  IN DER NIERE

Die Erlangener Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen HIF und MUC1  in Zellen von Nierentubuli betroffener PatientInnen. Sie stellten fest, dass es während der Anwendung von HIF-Stabilisatoren in allen untersuchten Varianten von MUC1-Veränderungen zu einer verstärkten Bildung des schädlichen Proteins Mucin-1 kam. Die übermäßige Ausprägung dieses Proteins ist die Ursache  für die ADTKD-MUC1-Erkrankung, da es sich in den Nierentubuli ansammelt und nicht mehr abtransportiert wird. Die Autoren empfehlen daher Zurückhaltung beim Einsatz von HIF-Stabilisatoren bei Personen mit ADTKD-MUC1. Diese Erkenntnisse unterstreichen auch die Notwendigkeit einer genetischen Testung von PatientInnen mit einer CKD ungeklärter Ursache.


RENALE ANÄMIE: URSACHEN UND BEHANDLUNG

Die meisten Anämien bei PatientInnen mit einer Niereninsuffizienz sind auf einen Mangel des Hormons EPO zurückzuführen. Typische Symptome des dadurch bedingten Sauerstoffmangels treten vor allem bei körperlicher Belastung auf. Die PatientInnen sind blass, ermüden schneller, haben Atemprobleme und sind weniger belastbar. Häufig ist die Herzfrequenz erhöht, da der Körper versucht, den Mangel durch einen schnelleren Blutfluss auszugleichen. Die renale Anämie wird in der Regel mit gentechnisch hergestelltem EPO in Form von Spritzen behandelt. Alternativ stehen nun auch HIF-Stabilisatoren zur Verfügung.


Fachliche Beratung: Prof. Dr. Michael Wiesener, Erlangen


Quelle:

Naas S et al. Hypoxia controls expression of kidney-pathogenic MUC1 variants. Life Sci Alliance. 2023 Jun 14;6(9):e202302078

 

Share by: